Seit der Entscheidung „unberechtigte Schutzrechtsverwarnung“ des Großen Zivilsenates für Zivilsachen des BGH (Beschl. v. 15.7.2005 – GSZ 1/04) haben die deutschen Gerichte ihre Rechtsprechung zur unberechtigten Schutzrechtsverwarnung nach und nach verschärft und dadurch die Sorgfaltsanforderungen bei Äußerungen über vermeintliche Verletzungen Immaterialgüterrechte angehoben (vgl. nur letzten Beitrag v. 11.11.2009). Bislang offen war die Frage, ob diese Rechtsprechung auch auf Abmahnungen anzuwenden ist, die sich auf das UWG stützen, etwa im Bereich des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes (§ 4 Nr. 9 UWG, s. z. B. Beitrag v. 5.10.2009).
Das OLG Stuttgart hat sich nun dafür ausgesprochen, die Grundsätze der unberechtigten Abnehmerverwarnung auch für den Bereich des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes anzuwenden. Damit hat sich das Gericht nicht nur gegen das Landgericht Stuttgart als Vorinstanz, sondern auch gegen bedeutende Kommentarliteratur gewandt (z. B. Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. Aufl., § 12 Rn. 1.70). In seiner ausführlichen Begründung hob das Oberlandesgericht maßgeblich darauf ab, dass eine Abmahnung im Anwendungsbereich des § 4 Nr. 9 UWG einen ähnlich schwer wiegenden Eingriff für den Inverkehrbringer des angegriffenen Produkts bedeute wie eine Verwarnung aus einem Schutzrecht.
Für die Praxis hat das die zuweilen eminent wichtige Bedeutung, dass der Abgemahnte oder sein Lieferant nicht nur mit einer negativen Feststellungsklage, sondern im Wege der einstweiligen Verfügung gegen die Abmahnung vorgehen kann. Das kann für so manches Geschäft einen entscheidenden Zeitvorteil bringen.