Ein Dosierplanverfahren wird seit der Entscheidung T 1020/03 der Technischen Beschwerdekammer 3.3.04 im Europäischen Patentamt als patentfähiges Merkmal bei einem Arzneimittelanspruch mitberücksichtigt und kann Neuheit und erfinderische Tätigkeit des Anspruchs begründen (siehe Beitrag vom 15. Mai 2007).
Aus dieser mit der Entscheidung T 1020/03 eingeleiteten liberalen Praxis möchte die weitere Technische Beschwerdekammer 3.3.02 mit der Entscheidung T 1319/04 offensichtlich ausbrechen. So wird in T 1319/04 die in T 1020/03 gegebene Begründung, wonach ein neuer Dosierungs- oder Verabreichungsplan wie eine neue Indikation zu betrachten ist, grundsätzlich in Frage gestellt.
Um die entstandene Unsicherheit auszuräumen und drohende voneinander abweichende Entscheidungen der Kammern des Europäischen Patentamts zu verhindern, wurden der Großen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts seitens der Kammer 3.3.02 insbesondere die folgenden Fragen vorgelegt:
- Wenn die Verwendung eines bestimmten Arzneimittels bei der Behandlung einer bestimmten Krankheit bereits bekannt ist, kann dieses bekannte Arzneimittel dann gemäß den Bestimmungen der Artikel 53 c) und 54 (5) EPÜ2000 zur Verwendung bei einer anderen, neuen und erfinderischen therapeutischen Behandlung derselben Krankheit patentiert werden?
- Wenn Frage 1 bejaht wird, kann auch dann ein Patent erteilt werden, wenn das einzige neue Merkmal der Behandlung eine neue und erfinderische Dosierungsanleitung ist?
Die Stellungnahme der Großen Beschwerdekammer auf diese unter dem Aktenzeichen G2/08 anhängige Vorlage wird de facto für alle Beschwerdekammern und die Prüfungsabteilungen bindend. Denn nach Artikel 21 der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern muss eine Kammer, die von einer Entscheidung oder Stellungnahme der Großen Beschwerdekammer abweichen will, die Große Beschwerdekammer erneut mit der Frage befassen.