Seit ungefähr vier Jahren gilt in der Russischen Föderation ein neues kodifiziertes Immaterialgüterrecht. Darin sind als Bestandteile des dortigen Zivilgesetzbuches sämtliche Gegenstände des Geistigen Eigentums zusammengefasst und systematisiert worden (inoffz. engl. Übersetzung beim russischen Patent- und Markenamt, Rospatent).

Der Modernisierung des russischen Immaterialgüterechts folgt nun auch die jüngste Novellierung des russischen Prozessrechts. Mit Änderungsgesetzen vom 6. und 8. Dezember 2011 (Nr. 4-FKZ und Nr. 422-FZ) sind die gesetzlichen Grundlagen für die Errichtung eines sog. Gerichts für Immaterialgüterrechte und die Etablierung entsprechender Verfahren geschaffen worden. Dieses Gericht wird als Fachgericht der sog. Arbitragegerichtsbarkeit – der Gerichtsbarkeit für wirtschaftsrechtliche Streitigkeiten – in Zukunft für Verfahren mit Bezug zum Immaterialgüterrecht sachlich zuständig sein. Mit der Errichtung dieses eigenständigen Fachgerichts, das seine Arbeit bis spätestens Februar 2013 aufnehmen soll, ist daher vor allem beabsichtigt, in Immaterialgütersachen die richterliche Expertise zu fördern und eine einheitliche Rechtsfortbildung in Russland zu gewährleisten. Denn im Zuge der eingangs erwähnten Novellierung des Immaterialgüterrechts wurde die Verfolgung von Rechtsverletzungen in Russland erleichtert, so dass sich die russischen Gerichte zunehmend mit Fragen des Immaterialgüterrechts zu befassen haben.

Das neu zu schaffende Gericht für Immaterialgüterrechte ist zukünftig sowohl für Verfahren mit Beteiligung von Rospatent als auch für Verletzungsverfahren zuständig. Erstinstanzlich wird das Gericht insbesondere über Entscheidungen von Rospatent bezüglich Patenterteilungen, in Nichtigkeitsverfahren oder zu Markeneintragungen befinden. Bisher erfolgen Rechtsbehelfe gegen derartige Entscheidungen erstinstanzlich grundsätzlich am Sitz von Rospatent, beim Moskauer Arbitragegericht. Als Kassationsinstanz wird das Gericht darüber hinaus tätig bei den von ihm selbst erlassenen erstinstanzlichen Entscheidungen sowie bei Entscheidungen der Arbitragegerichte der ersten und zweiten Instanz in Verletzungsverfahren. Letztere Verfahren werden bisher von den Föderalen Arbitagegerichten der Bezirke als Kassationsgerichte behandelt. Die Kassationsentscheidungen des Gerichts für Immaterialgüterrechte werden letztinstanzlich wiederum im Wege des Rechtsmittels der sog. Aufsichtsbeschwerde zum Obersten Arbitragegericht der Russischen Föderation angegriffen werden können. Somit wird das neue Fachgericht unterhalb der obersten Gerichtsinstanz angesiedelt sein.