Das US-Recht verlangt von Anmeldern, den ihnen bekannter Stand der Technik und darüber hinaus alles, was für die Patenterteilung wesentlich sein kann, dem US-Patentamt (USPTO) von sich aus mitzuteilen. Verstöße haben häufig gravierende Folgen, nämlich dass das Patent nicht mehr gegen Verletzer durchgesetzt werden kann. Dies ist bisher recht strikt gehandhabt worden. Verletzter nutzen dies als Verteidigung im Verletzungsprozess. Aus Vorsicht gingen die Anmelder dazu über, das USPTO mit Dokumenten zu überhäufen. In der Sache brachte dies nichts außer Rechtsunsicherheit.
In einer vielbeachteten Entscheidung hat das für Patentsachen zuständige Berufungsgericht entschieden („Therasense, Inc. vs. Becton“), dass die Anforderungen überspannt waren und nur dann durchgriffen, wenn das verschwiegene Material so relevant ist, dass es – bei Kenntnis – zu keiner Patenterteilung gekommen wäre, oder wenn mit Absicht in sorgfältig geplanter Weise getäuscht wurde
Das Patent ist gefährdet, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
(1) Absicht
Es muss Beweis dafür vorliegen, dass die Nichtnennung eines Dokuments auf einer absichtsvollen Entscheidung zur Täuschung beruhte. Es genügt nicht nur nachzuweisen, dass der Anmelder das Dokument kannte, seine Wesentlichkeit auch erkannte, und dennoch sich zur Nichtnennung entschied.
(2) Wesentlichkeit
Der Standard hierfür wurde erhöht. Das Dokument muss nun so bedeutend sein, dass – wäre es genannt worden – vernünftigerweise kein Patent erteilt worden wäre, wobei die Ansprüche sogar breit interpretiert werden (so breit wie vernünftigerweise möglich).
(3) Ausnahme
Wenn dem Anmelder oder seinem Vertreter gravierendes Fehlverhalten nachgewiesen wird, dann kommt es auf die Wesentlichkeit nicht an. Beispiele für gravierendes Fehlverhalten sind Meineid, Fälschen von Beweismitteln oder Unterdrückung von Beweismitteln. Zwar ist hier offensichtlich ein hoher Standard angestrebt, aber davon könnte – wie US-Patentrechtler mahnen – sogar eine Nichtnennung eines negativen ausländischen Prüfungsbescheids fallen.
Zur Festlegung einer möglichst einheitlichen Handhabung wird das USPTO die entsprechende Regel in seinen Prüfungsrichtlinien ändern (37 CFR § 1.56). Bisher liegt dazu nur ein Entwurf vor.
Für die Praxis hat dies die Folge, dass ein möglicher Verletzer nun erheblich weniger Drohpotential aufbauen kann. Denn ein Nachweis, dass die Nichtnennung gegenüber dem US-Patentamt auf einer absichtlichen Täuschungsentscheidung beruhte, wird nur schwer zu führen sein. Außerdem ist die Schwelle für Wesentlichkeit nun so weit angehoben, dass auf der Grundlage des verschwiegenen Dokuments genauso gut ein Nichtigkeitsverfahren geführt werden könnte. Das muss nicht zwingend vor Gericht stattfinden, sondern kann vor dem USPTO im Rahmen einer sog. Re-examination erfolgen.