Technische Erfindungen lassen sich in Ergänzung oder als Alternative zu Patenten auch mittels Gebrauchsmuster schützen. So besteht beispielsweise in Europa die Möglichkeit entsprechende Gebrauchsmuster in Deutschland, Österreich, Bulgarien, Dänemark, Estland, Finnland, der Tschechischen Republik, der Slowakei, Portugal, Spanien, Ungarn, Polen und der Türkei zu erlangen.

Das Gebrauchsmuster wird häufig auch als „kleiner Bruder des Patents“ oder „Minipatent“ bezeichnet, nicht zuletzt weil man von einer geringeren Anforderung an die erfinderische Leistung für ein Gebrauchsmuster ausging. Der deutsche BGH entschied sich mit Beschluss vom 20. Juni 2006 (C ZB 27/05 – Demonstrationsschrank) gegen die bis dahin vorherrschende Sichtweise, dass sich der Maßstab für eine erfinderische Leistung im Gebrauchsmusterrecht von der im Patentrecht unterscheide (s. Beitrag v. 20.09.2006). Dem bis dato häufig ausschlaggebenden Grund für die Anmeldung eines Gebrauchsmusters an Stelle eines Patents oder die Abzweigung eines Gebrauchsmusters aus einem wegen mangelnder erfinderischer Leistung bedrohten Patents wurde damit die Grundlage entzogen.

 Der österreichische Oberste Patent- und Markensenat zog jetzt mit der Entscheidung vom 22. Dezember 2010 OGM 1/10 – Teleskopausleger vom 22. Dezember 2010 nach und stellte im Verhältnis zwischen der Erfindungshöhe des Patents und des Gebrauchsmusters fest:

„Der Spielraum zwischen Neuheit und nicht Naheliegendem ist zu klein, um ein dazwischen liegendes Niveau für die erfinderische Leistung eines Gebrauchsmusters definieren zu können. Der Versuch, zwischen der neuen und der nicht nahe liegenden Lösung die Kategorie einer „nicht ganz naheliegenden Lösung“ einzuführen, ist angesichts des Umstandes, dass auch eine nicht „ganz naheliegende“ Lösung letztlich in dem Sinn nahe liegt, dass der Fachmann irgendeine Veranlassung haben muss, sie vorzuschlagen (andernfalls liegt die Lösung nach dem Aufgabe – Lösungsansatz ohnedies nicht nahe), als gescheitert anzusehen.“

 Mit einfachen Worten, das Merkmal der erfinderischen Leistung ist kein quantitatives Merkmal, das sich beim Gebrauchsmuster gegenüber dem Patent abschichten lässt. Vielmehr handelt es sich bei der erfinderischen Leistung um ein qualitatives Merkmal, was bei Anwendung des (vom Europäischen Patentamt etablierten) Aufgabe – Lösungsansatzes für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit bei Patenten und Gebrauchmustern zu gleichem Ergebnis führen sollte.