Wirbt ein Patentanmelder mit dem Hinweis „Zum Patent angemeldet“ bzw. „Patent pending“, so muss er auf Verlangen Dritter Auskunft darüber geben, welche Patentanmeldung damit genau gemeint ist (§146 PatG). Für einen Wettbewerber sind diese vom Patentanmelder herauszugebenden Informationen der Schlüssel für die Akteneinsicht in bereits offen gelegte Akten (üblicherweise 18 Monate nach Anmelde- bzw. Prioritätstag). Durch die Akteneinsicht kann sich der Wettbewerber einen Überblick über den Verfahrensstand und ihn möglicherweise tangierenden Gegenstand der Patentanmeldung verschaffen und seine Geschäftsstrategie daraufhin anpassen.
Bei noch unveröffentlichten Akten braucht es hingegen zusätzlich der Zustimmung des Patentanmelders für die Akteneinsicht (§31(2) Nr. 1 PatG) oder der Glaubhaftmachung eines „berechtigten Interesses“ des Dritten an der Akteneinsicht (§31(1) PatG). Die Rechtsprechung geht davon aus, dass ein solches „berechtigtes Interesse“ eines Dritten jedenfalls dann besteht, wenn sich der Patenanmelder gegenüber einem konkret adressierten Dritten Schutzrechten berühmt, üblicherweise in dem der Patentanmelder den Dritten in einem Verwarnungs- oder Hinweisschreiben auf die Patentanmeldungen hinweist (BPatG, Beschl. v. 23.08.1985 – 5 W (pat) 18/85).
Zwei kürzlich veröffentlichte Beschlüsse des Bundespatentgerichts (BPatG, Beschl. v. 17.09.2014 – 7 W (pat) 45/14 und Beschl. v. 17.09.2014 – 7 W (pat) 46/14) setzten sich mit der Frage auseinander, ob die Berühmung tatsächlich konkret an den Akteneinsicht beantragenden Wettbewerber adressiert sein muss, damit dieser sein „berechtigtes Interesse“ glaubhaft machen kann und Akteinsicht auch gegen den Willen des Patentanmelders zugestanden bekommt.
In den vom Bundespatengericht zu entscheidenden Fällen hatte der Patentanmelder auf einer Messe in einem an beliebige Messebesucher gerichteten Flyer mit dem Hinweis „Zum Patent angemeldet Patent pending“ für ein Produkt geworben und auf Nachfrage eines Wettbewerbers in Übereinstimmung mit §146 PatG die Aktenzeichen von zwei unveröffentlichten Anmeldungen benannt. Den nachfolgenden Akteneinsichtsanträgen des nachfragenden Wettbewerbers wollte das Deutsche Patent- und Markenamt gegen den Willen der Patentanmelderin u.a. mit folgender Freifahrschein-Begründung für das aus ihrer Sicht gegebene „berechtigte Interesse“ einräumen: „Schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung sei davon auszugehen, dass eine Berühmung mit einem möglicherweise zukünftigen Schutzrecht eine Ungewissheit bei einem direkten Wettbewerber erzeuge und dieser sich deshalb in seiner gewerblichen Tätigkeit ernsthaft behindert und gestört fühlen werde“.
Das Bundespatengericht wollte dieser generösen Sichtweise des DPMA nicht folgen und wies in beiden Fällen die Anträge auf Akteneinsicht mit der klaren Ansage zurück, dass allein ein Hinweis auf die Patentanmeldung in einem für beliebige Interessenten erhältlichen Prospekt nicht als Türöffner zu unveröffentlichten Akten herhalten kann. Es bleibt somit bei der bisherigen Sichtweise, dass es konkreter Schritte oder Androhungen vom Patentanmelder an die Adresse des die Akteneinsicht beantragenden Wettberbers bedarf, damit dieser gegen den Willen des Patentanmelders Einsicht in die noch unveröffentlichte Akte nehmen darf.