Seit der Entscheidung der Großen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts (EPA) in dem Verfahren G 2/08 ist die unter dem „alten“ Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ 1973) übliche Formulierung für Stoffansprüche auf eine zweite bzw. weitere medizinische Indikation „Verwendung von Wirkstoff X zur Herstellung eines Arzneimittels zur Behandlung der Krankheit Y“ obsolet und durch die durch Artikel 53 c) des „neuen“ EPÜ 2000 gedeckte Formulierung „Wirkstoff X zur Verwendung bei der Behandlung der Krankheit Y“ zu ersetzen (s. Beitrag vom 26.02.2010).

Eine der letzten Entscheidungen zu Ansprüchen der „alten“ Formulierung dürfte die Entscheidung des EPA T 566/07 sein, bei der sich die Frage der Patentierbarkeit im Hinblick auf Artikel 52 (4) EPC 1973 [neuer Artikel 53 c) EPC 2000] für einen Verfahrensanspruch mit folgendem Wortlaut stellte: „Verwendung von mindestens einem Lebendfarbstoff für die Herstellung einer Zusammensetzung zum Färben einer Retinamembran in einem Auge um in einem Verfahren zur Entfernung der Retinamembran die Retinamembran von der darunter liegenden Retina unterscheidbar zu machen.“

Dieser Anspruch wurde seitens der Kammer als eine Chimäre angesehen, die sich aus zwei Handlungen zusammensetzt. Einer ersten Handlung mit dem Wortlaut eines typischen Anspruchs für eine zweite medizinische Indikation („Verwendung von mindestens einem Lebendfarbstoff für die Herstellung einer Zusammensetzung zum Färben einer Retinamembran in einem Auge“) und einem zweiten chirurgischen Handlungsteil, in dem die Retina entfernt werden soll. Letzterer (zweiter) Handlungsteil war nach Auffassung der Kammer nicht mehr von der Formulierung des ersten Teils eingeschlossen und als chirurgisches Verfahren ausdrücklich vom Patentierungshindernis des Artikel 52(4) EPC1973 [neuer Artikel 53 c) EPC2000] erfasst. Folglich war der Anspruch in seiner Gesamtheit nicht gewährbar.

Die Entscheidungsgründe der Kammer sollten auch für Ansprüche zutreffen, die neben der durch das „neue“ EPÜ 2000 gedeckten Formulierung „Wirkstoff X zur Verwendung bei der Behandlung der Krankheit Y“ um weitere Handlungsteile ergänzt sind, wenn letztere im Widerspruch zu Artikel 53 c) stehen, beispielsweise wenn sie einen chirurgischen Eingriff umfassen. Derartige Chimärenansprüche gilt es daher auch in Zukunft zu vermeiden.